Ring Road - 180 Pulsschläge für jeden Overlander

12. - 16. März 2011
Ring Road = Renn Road?

Die Ring Road ist eine berühmte Overlanderroute in den Bergen im Nord Westen von Kamerun. Wohl fast jeder Auto-Reisende, der Kamerun besucht macht den Abstecher hierhin. Innerhalb von ein paar Tagen kann man in einem Ring durch die Berge fahren und an den gleichen Ausgangspunkt zurückkommen. 

Ring Road - was nach einer Rennpiste tönt und die Vorstellung von feinstem Asphalt vermittelt, ist in Wirklichkeit eine mehrheitlich anspruchsvolle Offroadstrecke in einer herrlichen Gebirgslandschaft. Konzentriertes Fahren ist an der Tagesordnung. Gerade die Strecke durch das Kimbi Reserve ist extrem herausfordernd. Da bleibt dem Fahrer wenig Zeit, die Umgebung aus dem Fenster zu betrachten. Um die Landschaft in ihrer Schönheit richtig wahrzunehmen und die Menschen hier kennenzulernen benötigt man Zeit. Immer wieder halten wir an, machen eine Pause und staunen. Oftmals kommt es uns vor, als wären wir in den Schweizer Bergen und gar nicht in Kamerun. Nadelwälder, Flüsse und Bäche, fast wie zu Hause. Einzig die schlechten Strassenverhältnisse, die Hautfarbe der Menschen und dass die Bauern auch die steilsten Hängen kultivieren, holen uns nach Kamerun zurück. Wir fühlen uns hier irgendwie auch zu Hause;-)   

Sehnsuchtsbilder nach CH ;-)
Wunderschöne Strecke durch die Berglandschaft Kameruns

Die gefürchtete Gegend um den Lake Nyos 
Am zweiten Tag fahren wir zum Kratersee Lake Nyos hoch. Über diese Gegend existieren viele Horrorgeschichten, die leider wahr sind. Wir wollen mehr erfahren.  
Wir haben in den Reiseführern gelesen, dass sich hier im Jahre 1986 eine äusserst tragische Naturkatastrophe ereignete. Unterhalb des Sees ist der Vulkan noch immer aktiv und hat eine grosse Menge Kohlenmonoxid aus dem See ausgestossen ist. Schleichend hat das Gas die darunter liegenden Gegenden vergiftet. Fast 2000 Menschen und unzählige Tiere sind verendet. Seit diesem Zeitpunkt gilt die Gegend um den Lake Nyos für die Einheimischen als schlechter Ort. Nur wenige Menschen leben heute noch dort. 
Seit diesem tragischen Unglück sind ständig Forschungsteams aus der ganzen Welt vor Ort und untersuchen die Aktivität des Vulkans und die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Ausstoss. Weltweit existieren nur drei Seen, bei denen Kohlenmonoxid ausgetreten ist. Zwei sind in Kamerun, einer in Ruanda. 
Als wir eintreffen, stossen wir auf ein französisches Projektteam. Der Chef der Gruppe freut sich über unseren Besuch und klärt uns über den See, dessen aktuellen Zustand und ihre Installationen zur Gasabführung sowie der satellitengesteuerten Überwachung auf. Für uns ist beruhigend zu hören, dass der See seit 1986 keinen nennenswerten Aktivitäten mehr hatte, das Wasser sehr sauber ist und wir problemlos baden könnten. Kurzerhand chartert der Chef ein Boot und führt uns um den See.
Die Natur um den Kratersee ist gewaltig. Ausser ein paar wenigen Kinder die mit Fischen beschäftigt sind, ist er völlig verlassen. 
Als wir auch noch eine Möglichkeit zum campieren erhalten, sind wir wirklich zufrieden und glücklich hier zu sein. Wir geniessen das Bad im See und das kühle Bergklima. 
Richtig erfrischend! 

"Rennstrecke" zum Lake Nyos hoch;-)
Der geschichtsträchtige Lake Nyos

Eingeladen beim Kantonspräsidenten
Aufbruch zur nächsten Etappe. Ziel: Lake Wum.
Wir fahren die Berge hoch und runter auf coolen Offroadpisten. Die Landschaft verwandelt sich von der klassischen Berglandschaft in eine subtropische Landschaft mit Urwald Vegetation. Das Klima ist wird spürbar feuchter, ist jedoch noch immer angenehm.
Von unseren deutschen Overlanderkollegen haben wir den GPS-Point für einen Campingplatz am Lake Wum bekommen. Als wir dort ankommen müssen wir feststellen, dass dieser Platz kürzlich von einer Kuhherde besucht wurde. Leider ist es unmöglich hier zu campen...
Vom Campingplatz aus entdecken wir jedoch eine Residenz die auf einem Hügel über dem Lake Wum gebaut ist. Vielleicht können die uns weiterhelfen? Fragen kostet nichts.
Dort angekommen, erfahren wir, dass es sich um die Residenz des Präfekten der Division SDO handelt. Dies ist vergleichbar mit einem Kantonspräsident in der Schweiz. Da wir dies jedoch nicht im Vornherein wissen, sind wir genug frech um für einen Platz mit Sicht zum See nachzufragen. Die überaus freundliche Gattin ist erst mal erstaunt, bittet uns aber freundlich zu warten, bis sie ihren Mann erreichen kann. 
Zehn Minuten später ist die Sache geritzt. Mamodou Haman, Administrativer Verantwortlicher über viele Gemeinden und Städte im Nordwesten von Kamerun, lädt uns als seine Gäste ein. Mit Vergnügen offeriert er uns sein Gästehaus! 
Von dieser spontan Gastfreundschaft überwältigt erklären wir ihm, dass wir eigentlich gerne in unserem Auto schlafen wurden. Ob das für ihn wohl auch in Ordnung wäre?
Lachend bejaht er unsere Frage. „Natürlich! Fühlt euch frei und wie zu Hause!“
Wir verbringen den Tag am See. Dabei stellen wir fest, dass wir wohl schon richtig ins Afrikaleben eingetaucht sind. Unsere dreckige Wäsche nehmen wir mit an den See und waschen diese wie richtige Afrikaner von Hand mit Waschmittel und Seewasser. Unsere Trocknungsleine brauchen wir nicht mehr. Es hat ja genügend Büsche und Sträucher. Wieso kompliziert, wenn es auch einfach geht.
Nach unserem Ausflug kommt unser Gastgeber auf uns zu, interessiert sich über unsere Reise und Herkunft. Er überreicht uns auch ein Cadeaux: Bananen von seiner eigenen Farm. Uns ist es fast schon peinlich, dass wir nichts mehr Schweizerisches bei uns haben, auf das wir problemlos verzichten und ihm schenken könnten. Da hat Oli eine zündende Idee. „Gerne würde ich Porträits von Ihnen und ihren drei Boys machen. Die Bilder würde ich ihnen dann gerne auf einem USB Stick überreichen.“ Mit Freude nimmt unser Gastgeber dies an. Tolle Bilder. 
Zur Präsentation wird Oli ins repräsentative Wohnzimmer gebeten. Die ganze Familie ist anwesend und wartet gespannt auf die Ergebnisse. „Das sind hochprofessionelle Fotos. Echt toll. Vielen herzlichen Dank für dieses Geschenk! Es kommt selten vor, dass wir eigene Fotos haben, geschweige denn so gute Fotos. Herzlichen Dank!“ 
Die Freude ist spürbar gross und sie hören gar nicht mehr auf sich zu bedanken. 
Zum Schluss drückt er mir seine Visitenkarte in die Hand und meint, dass wir unbedingt in Kontakt bleiben sollen. Und falls wir in Kamerun in irgendeiner Form Schwierigkeiten hätten, sollen wir nicht zögern ihn umgehend anzurufen.
Also, wir hätten nie gedacht, dass dies so etwas auslösen würde. Herzliche Erfahrung.
Bienvenue!
Afrikanische Waschmaschine;-)))





Königreich Bafut
Am nächsten Morgen geht unsere Reise auf der Ring Road weiter: Königreich Bafut! 
Das ehemals grösste und heute immer noch existierende Königreich wollen wir unbedingt besuchen. 
Zuerst fahren wir jedoch zu den Menchum Falls, wo wir in herrlicher Kulisse unser Camping Frühstück einnehmen. Sitzt man hier und sieht dem fliessenden Wasser zu, mag man fast nicht glauben, dass die Menschen ein paar hundert Kilometer nördlich fast gar kein Wasser haben. Wir folgen dem Fluss aufwärts. Hier blüht und gedeiht alles. Zuckerrohr, Bananen, Ananas, Mais, Kartoffeln und vieles mehr. Der Boden ist unglaublich fruchtbar. Wo nichts angebaut wird, herrscht Urwald. Exotische Welt.  

Hier gedeiht (fast) alles.

In Bafut angekommen fahren wir zum Palast und werden sogleich von einer sympathischen Frau mittleren Alters empfangen. Die „Königstour“ führt uns als Erstes ins Museum. Dort erfahren wir viel von diesem faszinierenden Königreich. Das Museum ist voller Kulturgüter, alles ist sehr gut dokumentiert und ausgestellt. Es fällt uns auf, dass immer wieder die enge Zusammenarbeit mit der deutschen Museumsgesellschaft erwähnt wird. Auf Nachfrage erklärt man uns lachend, dass die Deutschen etwas gut zu machen hätten. Es geht um die gemeinsame Historie.
Als die Deutschen Kamerun erobert hatten (bevor die Franzosen und Briten gekommen sind), war das Königreich von Bafut das einzige Reich, das sich erfolgreich dagegen gewehrt hat. Über Jahre dauerte der Kampf, bis es schliesslich eine diplomatische Lösung gegeben hat. Die vielen ausgestellten historischen Artefakte, Waffen und Bilder unterstreichen diese Informationen deutlich. 
Dem Fon (König) von Bafut wird seitdem von den Einheimischen eine grosse Macht anerkannt und grossen Respekt entgegengebracht. Dies ist noch heute so. Mittlerweile herrscht Abumbi II als 11. Fon von Bafut. Noch immer verehrt in die Bevölkerung und sein „Königreich“ zählt -zig tausende Menschen.Ersichtlich wird dies zudem dadurch, dass ihm diese Leute jährlich Geschenke überreichen. Wohl hat er keine direkte politische Macht mehr, jedoch ist er der spiritueller Führer,  wird auch von der Regierung im Land anerkannt. Seine Meinung ist bei politischen Themen gefragt. Dies wohl auch wegen den Wählerstimmen, die er beeinflussen kann, wie uns gesagt wird. 
Die Dame die uns durch das Königreich führt, erklärt uns auch das Familiensystem.
Um sein Königreich zu sichern, muss er eine grosse Familie haben. Seine Kinder sollen in der Bevölkerung wichtige Leute werden und angesehene Jobs haben. Strategische Hochzeiten sind wichtig. Hat eine reiche Familie oder ein Politiker eine Tochter, so wird diese geheiratet. Das Ansehen des Fons ist so gross, dass die Tochter mit stolz verheiratet wird. Aktuelle Bilanz:  1 König - acht Queens - unzählige Prinzen und Prinzessinnen. Die genaue Anzahl seiner Kinder weiss der König nicht mehr;-)
Dabei erwähnt unsere Führerin nicht ohne stolz, dass sie die dritte Queen sei. Vom Fon habe sie neun Kinder geschenkt bekommen. Er kümmert sich um die Schulbildung und die finanziellen Angelegenheiten, die Queen muss sich um Haus, Essen und Familie kümmern. Er lebt in seinem eigenen Haus und die Queens haben je ein separates Haus auf dem Areal, wo sie mit ihren Prinzen und Prinzessinnen leben. Die Kinder können ihn jeden morgen von 06:00 bis 09:00 und ab 16:00 in seinem Haus besuchen und nach Rat fragen. Die andere Zeit ist er für die Menschen aus seinem Königreich da. Wirklich interessant erscheint uns, dass die Bevölkerung und auch die Königsfamilie nicht Hinterbliebene aus dem Busch sind, sondern wir sie als aufgeschlossene Menschen wahrnehmen. Keine Buschgeschichte, sondern aktuelle Realität in Afrika.
Andere Länder, andere Sitten.


Fon Abumbi II

Der geheime Palast ist über 500 Jahre alt und
nur für den König, Queen und seinen Geheimbund zugänglich
Rechts befinden sich die Häuser der Queens
Die 3. Queen des Fons von Bafut
Hier emfängt der Fon seine Anhänger

Nach diesem aufschlussreichen Besuch im Königreich von Bafut reisen wir weiter nach Bamenda, wo wir unseren Ring Road Trip abschliessen. Bei den Presbitaryern werden wir herzlich empfangen und dürfen unser Camp für die nächsten zwei Tage auf dem Missionsgelände aufschlagen. Eindrücke verarbeiten. 

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