Alive - was will man mehr?

11. - 16. Dezember 2010
Wo zum Henker bin ich hier?
Die Sonne blinzelt durch die Jalousien und hinterlässt ein Kribbeln auf meinen noch geschlossenen Augen. Ich schaffe es die Augen zu öffnen und sehe vor mir Staub der durch den Raum tanzt. 
Langsam schärft sich mein Blick und ich glaube in einem Traum zu sein...ein Hotelzimmer wie in einem schlechten Road Movie Film aus den 80‘ern...heruntergekommenes Zimmer, abblätternde Tapeten, dicke Wollvorhänge; eine surrende Klimanalage und ein angerosteter Ventilator an der Decke.


Jeder Versuch dieses Bild mit Kopfschütteln zu verdrängen verursacht nur ein Gefühl von Schwindel, nicht aber verschwindet das Zimmer vor mir.  Wo zum Henker bin ich hier? Und wo ist Corinne? 
Als ich mich aufsetze, schlottern die Knie und beim Aufstehen vermögen die Beine das Körpergewicht kaum zu tragen. Ein Blick in den Spiegel sagt mir, dass ich 10 Kilo abgenommen habe. Doch kein Alptraum, sondern ein freudiges Ereignis? 
Die Tür geht auf und Corinne tritt ins Zimmer. „Hey, der Patient ist aus dem Koma erwacht.  Wie fühlst du dich?“ „Ähm, völlig verwirrt. Ist das ein Traum? Habe ich wirklich so viel abgenommen?“ sind meine einzigen gestammelten Worte.
Corinne klärt mich über die Situation auf und die Erinnerungen kommen zurück. 
Inshallah. Unser letzter Abend in Mali verbrachten wir in unserem Wild Camp. Gegen Abend ging es mir wieder schlechter und ich konnte nicht einmal mehr das Nachtessen einnehmen, geschweige denn irgendwas trinken. 
Dünnpfiff. Bauchkolliken. Benommenheit. Fieber. 
In der Nacht stieg das Fieber auf 40 Grad und zusätzlich musste ich 6 mal auf die Toilette. Jedes Mal voller Stress vom 2. Stock Haghuri ins Erdgeschoss, Hecktüre aufdrücken, WC-Papier und Schaufel mitnehmen und ab hinter den Busch. Spätestens beim 4 mal, als eigentlich gar nichts mehr im Körper war das raus wollte, fing es an kritisch zu werden...denn auf einmal war da verdicktes Blut...
Als ich dann am Morgen im Delirium auf dem Stuhl vor mich hin fieberte, packte Corinne auch die Panik und innerhalb von 10 Minuten raste der Haghuri-Krankentransport mit Corinne als Pilotin Richtung Grenze von Burkina Faso. Als sie alle Zollformalitäten erledigt hatte, brachte sie mich schnellstens ins nächstgelegene Krankenhaus in Ouahigouya. Besser gesagt ins öffentliche Krankenhaus.
Erfahrungen im Krankenhaus von Ouaigouya
Sofort erhalten wir eine Visite beim Chefarzt. Corinne beschreibt die Symptome und die Krankengeschichte seit Beginn von Mopti in ihrem besten Französisch. Mit besorgter Miene schreibt der Arzt das Gehörte ins Passage de Santée. In der gleichen Zeit nimmt mir eine Krankenpflegerin Blut ab und lässt es sofort untersuchen. 
Kurz darauf das erste Ergebnis: Starke Lebensmittelinfektion mit entzündeter Leber, Niere und Darm. Sofort erhalte ich die ersten Infusionen. Kurz darauf der zweite, zusätzliche Befund: Malaria !    puahh, nicht gerade ein Kindergeburtstag...:-(
Nun erhält Corinne einen vollgeschriebenen Zettel mit zur Behandlung benötigter Utensilien und Medikamenten. Denn hier ist es üblich, dass nur die Diagnose gestellt wird, die Begleitperson dann zur Apotheke rennt und alles einkauft. Wehe dem, der das Geld dazu nicht hat oder alleine hier ist;-(
Dreissig Minuten später sind alle Medi‘s vorhanden und meine Intensiv-Behandlung für die nächsten 2 Tage im Krankenhaus ist sichergestellt. 
Jetzt gilt es nur noch ein Zimmer oder mindestens Liegeplatz zu finden...
Das erweist sich als nicht ganz einfach. Im stationären Bereich ist es nämlich so, dass einfach so viele Patienten wir möglich in ein Zimmer kommen. Da nützt dir die CH-Zusatzversicherung nichts...
Zusätzlich gibt es keinen Pflegedienst. Das ist Angelegenheit der Angehörigen. Wenn du da alleine bist, hast du echt verloren! So waren denn bis zu 4 Patienten mit den verschiedensten Krankheiten oder Unfall in einem kleinen 10qm Zimmer, dazu Angehörige für die Betreuung. Oftmals kochen sie auch in den Zimmern. Immer wieder Schreie und Heulen. Es ist unglaublich und erinnert an einen Horrorfilm und ich habe in unserem Haghuri Film leider die Hauptrolle...
Aber ganz ehrlich: Das war mir in dem Moment völlig egal, sondern ich war einfach froh über die engagierten Ärzte!

Auf dem Flur spricht Corinne mit einem sehr elegant gekleideten Herr, der ihr anscheinend Tips gegeben und Mut zugesprochen hat. Es war der Krankenhauspräsident. Durch sein Engagement erhalten wir die Möglichkeit alleine in einer Abstellkammer mit 2 Betten zu bleiben. 


Corinne hat sich die ganze Zeit intensiv um mich gekümmert und es wurde auch für sie eine harte Nacht. Auch hat sie dafür gesorgt , dass ich nach 2 Tagen Intensivtherapie bestehend aus zahlreichen Infusionen aus NACl, Chinin, Antibiotika, Glukose und weiss ich noch was für Mittel, das Spital verlassen konnte und die Reha im gegenüberliegenden Hotel verbringen kann. 

So stehe ich nun im Zimmer des Hotel La Dunia und werde mich für die nächsten 3 Tage auskurieren. Gemäss Corinne kümmert sich auch das syrische Hotelbesitzerpaar rührend um mich und hätte mich schon mit Flädlisuppe versorgt. 
Corinne, ich bedanke mich ganz fest für deine Hilfe und möchte dir auch so nochmals sagen: Ich liebe Dich!
Verlegung nach Ouagadougou
3 Tage später. Oli hat sich schnell erholt. Zwar ist er noch etwas schwach auf den Beinen und die immer noch einzunehmenden Medikamente putschen ihn nicht gerade auf, aber er fühlt sich einigermassen ok. So beschliessen wir die weitere Reha in die Hauptstadt nach Ouagadougou zu verlegen.
Wir fahren ins Hotel OK Inn, wo wir eine gepflegte und grossräumige Hotelanlage mit Pool und Liegen vorfinden. Und das Beste daran: Sie haben eine grosse Parkanlage, wo wir mit dem Haghuri stehen dürfen. Bedingung: Einmal am Tag bei ihnen im Hotel essen!
Und eine Überraschung kommt auch noch dazu. Auf der Parkanlage stehen auch unsere Weggefährten Birte und Bastian sowie noch drei andere Overlanders. Sie freuen sich auf das Wiedersehen; resp. das Kennenlernen des Neuen. So fühlen wir uns sehr Willkommen in der Overlanderfamilie!
Am Abend gehen wir dann gemeinsam zum Poolrestaurant und lösen unsere Bedingung ein: Ein riesiges Chateau Briand mit Pommes und Bohnen für nur 12.- Genial gekocht!
Das Leben macht wieder Spass;-)))
Stadttour in Ouagadougou
Wir brauchen noch das Ghana Visum und ein Paket aus der Schweiz sollte auch beim CH-Konsulat angekommen sein. So machen wir uns auf in die Stadt. 
Uns fällt auf, dass die Hauptstadt Burkina Faso‘s sehr sauber ist. Die Quartiere sind modern, geordnet und übersichtlich. Die meisten Strassen sind asphaltiert und mit Strassenbeleuchtung versehen. Die vielen Cafés und Läden verleihen ein spezielles Flair. Also das hätten wir nicht erwartet, insbesondere wenn man weiss, das dies Hauptstadt eines der 5 ärmsten Länder dieser Erde ist. Die Menschen sind sehr freundlich und gar nicht aufdringlich. Nicht einmal die Strassenverkäufer. 
Vielleicht hatte Peitschen-Peer  (Peer Steinbrück, ehemaliger deutscher Finanzminister) im 2009 gar nicht so Unrecht, als er die Schweiz mit Ouagadougou verglichen hat;-)))
Also uns gefällt es hier!! Besser als in Deutschland;-))
Das Ghana Visum war problemlos. Leider ist das Paket aus der Schweiz noch nicht angekommen. So werden wir übers Weekend in den Süden fahren, einen Tierpark besuchen und im Lauf der nächsten Woche nochmals zurückkommen. Hoffentlich ist das Paket bis dann endlich hier...





Melonenverkäuferin - was denn sonst?? ;-)


Weihnachten steht vor der Tür
Unsere Weihnachten und den Sylvester wollen wir nach wie vor in Ghana am Strand verbringen. Hoffen wir, dass es zeitlich klappt!!

Sollte bis Weihnachten kein anderer Blogbericht mehr eingestellt werden, wünschen wir Euch allen besinnliche Festtage und viel Fröhlichkeit!!




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