System Tchad / TCH-02


19. - 24. Februar 2011
Enttäuschung am Lake Tchad
Der einst grösste Süsswassersee der Welt ist eines unserer unbedingten Ziele in Afrika. Leider entwickelt
der See sich immer mehr zurück. Wir wollen ihn sehen, bevor es ihn irgendwann nicht mehr gibt.  
Vor unserer Ankunft in Bol stellten wir uns einen einigermassen entwickelten Ort mit einer gewissen Infrastruktur vor. Gemäss Reiseführer ist dies DER Ausgangsort für die Erkundung des Lake Tchad. 
Nun, hier ist alles ein bisschen anders! 
Kaum angekommen, stellen wir fest, dass der Ort vor allem aus Regierungsgebäuden (einfache Steinhäuser mit Nationalflagge im Vorhof), Hütten, einem kleinen Markt und ein paar Alimentationen, sprich Tante Emma Läden, besteht. Das Dorf ist geprägt von Menschen in traditionellen Kleidern mit Turban und auffallend vielen Militärs, Gendarmerie und Polizei. Es kommt uns ein bisschen vor wie in einem Hollywood Film. Überall mit Maschinengewehren bewaffnete Jeeps, darauf in unterschiedlichsten Uniformen gekleidete Soldaten mit Turbanen. Hektisches Herumfahren dieser Fahrzeuge in der Stadt. Irgendwie Action pur. Wäre es nur nicht die Realität.

Truppentransport in Tchad

Von Tourismusinfrastruktur keine Rede. Keine Hotels, sicher kein Campingplatz und nur ein heruntergekommenes Restaurant. Von allen Seiten werden wir beobachtet und beäugt. Was machen denn diese Weissen hier?
So werden wir dann sofort von einem Gendarmen begrüsst, der sich dann um uns „kümmert“. Besuch bei der Polizei - Registrieren, Besuch bei der Gendarmerie - Registrieren, Besuch bei der Armee - Registrieren, Terminvereinbarung beim Präfekten - für das persönliche Kennenlernen. Alle sind über unsere Sicherheit besorgt. Spiessrutenlaufen...
Schlussendlich erfahren wir, dass ohne eine Bewilligung des nationalen Tourismus Ministeriums die Besichtigung des Lake Tchad nicht möglich ist. Man muss die Tour auch über die einzige Tourismusagentur in N‘Djaména buchen. Hoppla.
Nach vielen Gesprächen ist die Gendarmerie bereit, dass wir in Bol bleiben können. Die Polizei teilt uns mit, dass sie ev. einen Guide mit Boot organisieren könnte. Die Nacht können wir bei einer lokalen Organisation im Vorhof verbringen. Auch sorgen zwei Wächter für unsere Sicherheit. Leider verschafft uns dies weniger das Gefühl von Sicherheit, sondern eher von erhöhter Vorsicht. 
Das mit dem Guide und dem Boot scheint nicht richtig klappen zu wollen. Man ist sich uneinig über die Eskorte von Polizei oder Gendarmerie. Natürlich nur gegen deren Bezahlung. Jeder will etwas dazuverdienen. Uns werden diese Diskussionen und ständigen wechselnden Meinungen zu mühsam und wir entschliessen schweren Herzens auf die Tour zu verzichten. Wir werfen einen letzten Blick auf den See, bevor wir am nächsten Morgen in Richtung Hauptstadt aufbrechen. 

Entdeckungsreise blieb uns leider verwehrt:
Blick von Bol auf den Lake Tchad

Eine erfreuliche Szene ereignete sich am Morgen kurz vor der Abfahrt. Einer unserer Wächter wollte mir, nachdem er mein Jagdmesser gesehen hat, unbedingt sein echtes Touaregmesser schenken. Dies sei ein richtiges Jagdmesser, beidseitig geschliffen und hat sich seit vielen Generationen bewährt. Auf keinen Fall kann ich da ablehnen, gebe ihm jedoch gerne ein Cadeau von 10000 CFA (20Fr.), was für dieses Original aus Stahl und Leguanleder eigentlich viel zu wenig ist;-) 

Von Jäger zu Möchtegern-Jäger:
Das traditionelle Touareg Messer wechselt den Besitzer

N‘Djaména - Stadt der Gegensätze 
Von N‘Djaména glauben wir zu wissen, das alles wahnsinnig teuer ist und dass man als Ausländer gut auf seine Sachen aufpassen muss. Alles was nicht niet- und nagelfest ist, wird gestohlen! Dies sind die immer gleichen Aussagen, welche wir von verschiedenen anderen Reisenden mitbekommen. Mal sehen.
Kaum in der Stadt, kann man die unglaublich vielen neuen Fahrzeuge der UN und anderen Organisationen nicht übersehen. Das ist keine Polemik, sondern die andere Realität. Militär und Entwicklungsorganisationen prägen das Bild von N‘Djaména. 
Die Stadt selber erscheint uns als typisch afrikanisch, mit viel Verkehr, vielen Menschen, zahlreiche kleinen Stores, klassisch abgegrenzten Vierteln und einem grossen Platz der Nation mit symbolischem Wahrzeichen. Typische Überbleibsel des ehemaligen Frankreich-Protektionismus. Restaurants, Bars und Nachtclubs sind auch vorhanden. Es gibt diese nicht in Hülle und Fülle, dafür sind sie oftmals modern, teilweise exquisit und vor allem teuer. Wir müssen uns zuerst wieder an dieses Angebot gewöhnen. Kommt man direkt vom Land in die Stadt, befremdet das Verhältnis zwischen der armen  Bevölkerung ausserhalb der Stadt und dem Leben in der Stadt. Ausserhalb gibt es nur wenige Läden und wenig zu kaufen, hier bekommt man alles. Zwar nicht in grossen Supermärkten, jedoch in den vielen kleinen Alimentationen, die vor allem importierte Produkte zu horrenden Preisen anbieten (und auch verkaufen). Zum Beispiel eine Glas Nescafé 350g für 20 CHF oder Milch aus Deutschland für 4.00 CHF pro Liter. Wow. 
Dadurch dass so viele Organisationen und westliche Firmen hier sind, gibt es genug Leute, die diese Preise bezahlen. Für die „einfachen Leute“ gibt es überall die typischen afrikanischen Strassenstände, die mit Abstand den besten Kaffee und die besten Omeletts zu sehr günstigen Preisen anbieten!  Generell macht die Stadt für uns einen geschäftigen, jedoch gemütlichen Eindruck. Die Menschen erleben wir als offen, freundlich und zugänglich. Immer wieder ein freundliches Bonjour beim vorbeigehen. Keine schrägen Blicke. Wir fühlen uns nicht als die ausländischen „Les Blancs“ ;-) Easy going.
Die Suche nach einem Hotel gestaltet sich dafür zäh. In der ganzen Stadt gibt es 10 Hotels, welche wir alle abfahren und nach einer Bleibe für zwei Tage suchen. Da sehen wir erst wie teuer die Stadt ist. Das günstigste Zimmer ist eine absolute Absteige mit defekter Toilette im Gebäude eines Nachtclubs, direkt neben dem Dieselgenerator. Kosten pro Nacht: 25000 CFA (50CHF). Schlussendlich entscheiden wir uns für das „Le Sahel“, welches einfach, sauber und dafür im Preis von 55‘000 CFA pro Nacht Luxus ist.
Nach 8 Tagen in der Pampa gönnen wir uns diese zwei Nächte, wohl auch weil es keine Alternativen gibt;-))

Die kleine Hoffnung auf eine grosse Chad Tour 
Unsere Anwesenheit in der Stadt ist vor allem deshalb begründet, weil wir unbedingt mit der einzigen Reiseagentur im Land, der Tchad Evasion, sprechen wollen. Gerne würden wir nämlich noch etwas vom Norden oder Nordosten dieses faszinierenden Landes sehen. Wie wir ja schon in Bol eindringlich erfahren haben, ist dies nur mit einer Genehmigung der Tourismus Behörde und durch die Organisation Tchad Evasion möglich. 
Die Agentur bietet vor allem Reisen auf den über 4000 Meter hohen Emi Koussi oder in die Ennedi Wüste an. Leider erfahren wir, dass zur Zeit nur eine Tour in die Ennedi Wüste geplant ist, welche bisher nur aus drei Personen besteht. Unter sieben Personen werden die Touren nicht durchgeführt. Eigenes Fahrzeug ist nicht möglich. Die Chancen sind für uns sehr tief, in nächster Zeit eine Tour zu machen. Nach langen Diskussionen werden wir zum Direktor gebracht, der uns dann doch noch eine Möglichkeit bietet. 
Wir könnten uns mit unserem Fahrzeug einer bereits gestarteten Gruppe in die Ennedi Wüste anschliessen. Da sie zuerst den Emi Koussi erwandern, bleibt für uns genug Zeit, um an den vereinbarten Treffpunkt im Norden zu gelangen. 3 Tage hochfahren (Eskorte notwendig), 8 Tage in die Wüste und 3 Tage wieder zurückfahren. Kosten 3600 Euro. 
Dazu kommt der Diesel von ca. 800 Euro den wir natürlich selber bezahlen müssen.  
Schon nicht ganz günstig. Würden wir als „normale Touristen“ die gleiche Tour buchen, würde es uns das ganze Arrangement 2800 Euro statt 4500 Euro kosten;-) 
Leider gibt es keine Plätze mehr, ausser der Möglichkeit mit dem eigenen Fahrzeug teilzunehmen. So gut es der Direktor auch meint, für uns kommt sein Vorschlag nicht in Frage. So schwindet für uns die letzte Chance, dieses Land näher kennenzulernen. 

Bricht leider ohne uns in den Norden auf:
Beduine aus der Ennedi-Gegend
Vielleicht bis bald wieder?
Wir entschliessen uns, den wunderschönen Tchad nach tollen Tagen und um einige Erfahrungen reicher zu verlassen und Kamerun kennenzulernen. Auf dem Weg trösten wir uns damit, das sie zum heutigen Zeitpunkt in Tchad einfach noch nicht so recht wissen, was sie mit den Touristen machen sollen. Sollte das Land sich weiter stabilisieren und sich das Thema Tourismus weiter entwickeln, würden wir gerne zu einem anderen Zeitpunkt zurückkommen. 
Tchad - dieses Land bietet unglaublich viele spannende Entdeckungsreisen. 

Ausblick von unserem letzten Camp im Tchad - Ohne Worte

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