Des Jägers Stolz


25. - 29. April 2011
Einfach wieder mal Kilo‘s runter fräsen
Von Kribi fahren wir die Buschstrecke über Ebolowa zum Übergang
nach Gabon. Es ist Ostersonntag und die Menschen im Busch sind so richtig herausgeputzt für den Kirchengang. Und dann kommen wir mit dem dreckigen Haghuri;-)
Die Strasse ist nicht sehr breit und so springen die in Sonntagskleidung gekleideten Menschen jedes Mal in die Büsche, wenn sie uns heranfahren sehen. Möglichst keine Schlammspritzer abbekommen! Uns tut das fast leid und wir schleichen uns extra langsam an ihnen vorbei. Meistens grüssen sie dann trotzdem noch mit einem Lächeln;-)

Hey Mamma, schnell in die Büsche. Das Haghuri kommt...
Der Grenzübergang nach Gabon verläuft problemlos. Der erste Eindruck von Gabon ist überwältigend. Wunderschöne Tropenlandschaft. Auch haben wir den Eindruck, dass eine gewisse natürliche Ruhe herrscht. Wenig Verkehr auf den super Strassen, Menschen ohne Hektik in den Dörfern. Entschleunigend. 
Unser Ziel ist die Hauptstadt Libreville, wo wir das Visum für den Kongo beantragen und zudem die Ersatzteile unserem Reisekollegen Pavel übergeben wollen. 
800 Km Asphalt stehen an.  Wir haben das Glück, dass es trotz Regenzeit gar nicht regnet und wir rasch vorwärts kommen. Etwa auf halber Strecke machen wir in Mitzic Zwischenhalt und verbringen eine ruhige Nacht in einem kleinen Hotel. Wir geniessen wieder einmal ein tolles Street-Breakfast, bevor wir dann die Zieletappe in die Tropenhauptstadt in Angriff nehmen. 

„Juhuii, sieh mal das Schild! Wir überqueren den Äquator!“, ruft Corinne voller Freude. Wir halten an und sehen uns das Schild näher an. Viele Travellers haben sich mit dem Aufkleben ihrer Visitenkarte verewigt. Unter anderem Ivan, unser verrückte, mexikanische Freund. Gross ist sein MX3 Kleber zu sehen. Ganz viele der anderen Karten kennen wir schon persönlichen Treffen oder aus Gastbüchern der bisherigen Aubergen. 
Da müssen wir auch drauf;-) 

Street-Breakfast per excellence
Traumasphaltstrasse durch die tropische Landschaft.
Das berühmte Äquator-Schild...
...wo auch wir uns verewigt haben (oben links...)

Libreville
Endlich da. Bis auf ein paar wenige Kilometer ist die Strecke nach Libreville eine absolute Traumstrasse gewesen. Sofort fahren wir zum Maison Libermann, wo wir uns einquartieren und auch auf Pavel treffen. Wir stellen fest, dass der Landrover einigermassen zusammen geschweisst wurde. Leider ist der Dachträger, das Dachzelt sowie ein paar Kleinteile nicht mehr zu retten gewesen. Pavel macht einen sehr nervösen und genervten Eindruck. Wir seien halt eben schon einen Tag zu spät hier und wie wir denn gefahren seien? Jeder Tag hier koste ihn Geld! Wir sind etwas erstaunt über diese Begrüssung, denn die Ersatzteile die wir dabeihaben haben wir zollfrei „geschmuggelt“. Der wohl schnellste und günstigste Weg in Afrika, denn der Zoll kostet je nachdem 40% der Fracht und man wartet meisten auch noch lange bis der Zoll sie freigibt. Nachdem er uns erklärt, dass seine Visa für den Kongo bald ablaufen, können wir seine Besorgnis besser verstehen. Wir können sogar mitfühlen, denn das mit den Visa in Westafrika ist schon so eine Sache. Pavel bringt sein Auto und die Teile zur Garage, lässt sie einsetzen und braust dann gleich ab. Wir wünschen ihm gute und unfallfreie Fahrt!
Wir sind noch 3 Tage in Libreville. Es ist eine richtige Tropenstadt an der Küste. Am Tag ist es heiss und schwül und abends regnet meistens und kühlt dann ein wenig ab. Es wäre jedoch übertrieben zu sagen, dass die Temperaturen dann angenehm kühl wären. Einschlafen wird zur Tortur;-) 
Die Stadt ist ein Mix aus modernen Firmengebäuden und alten, verlotterten Häusern.   Man findet Geschäfte im europäischen Stil, abwechselnd mit kleinen einheimischen Stores, Streetfood Ständen und kleinen Restaurants. Der Reichtum sieht man insbesondere an den guten Strassen (die trotzdem immer verstopft sind) mit den grossen Offroadfahrzeugen, den herausgeputzten Regierungsgebäuden, dem sauberen Strand und den oftmals sehr gut angezogenen Menschen. Das teure Leben kann man insbesondere rund um das Botschaftsviertel gut beobachten. Grosse Häuser und Villen, Restaurants und Supermärkte im europäischen Stil mit Preisen die mindestens europäisch, eher sogar höher sind. Der Reichtum des kleinen Landes kommt vor allem durch das Öl und Mineralien. Während viele afrikanische Länder sich von Frankreich stärker abzugrenzen versuchen, ist Gabon ein ganz offensichtlich starker Partner. Die fränzösische Community ist hier sehr stark vertreten. Schwarz und Weiss ist hier ganz normal. 
Leider können wir uns die teuren Restaurants beim besten Willen nicht leisten;-(
Generell ist Gabon um einiges teuerer als die bisherigen Länder. Nun, wir solidarisieren uns mit der durchschnittlichen Bevölkerung und ernähren uns an den zahlreichen Streetfood-Ständen und einheimischen Restaurants. Avocado Salat, Frischer Fisch, Kochbananen, Reis - frisch zubereitet!!  Es fehlt an nichts;-)
Beim Visaantrag auf der Kongo Botschaft treffen wir wieder auf Mark aus England. Er radelt von London bis Südafrika. Tolles Wiedersehen. 
Er berichtet uns von den Herausforderungen beim starken Regen...tönt abenteuerlich...
dagegen machen wir ja gerade eine Luxusreise;-) 
In den kommenden drei Tagen treffen wir ihn dann noch auf der Strecke. Bei brutalem Sonnenschein und fast 10% Steigung. Wir schleichen uns mit dem Haghuri von hinten an und feuern ihn an: „Let‘s go!!  Come on, there is no rain. Come on!“ 
Wir nebenan im durch den Fahrtwind gekühlten Haghuri, eine kalte Cola schlürfend...;-))

Einfahrt nach Libreville
Küstenstrasse in Libreville
Beim Start zur Etappe Lambarene mochte er noch lachen...Velofreak Mark
...wenigstens hat es nicht geregnet ;-))
Wo der Jäger seinen Stolz hat 
Bevor wir weiterreisen, machen wir noch einen Abstecher ans Kap Esterias, einst ein florierender Tourismusort im Norden von Libreville. 
Fazit: Lohnt sich nicht! Fast alle Camps sind leer und verlottert, die Wal- und Schildkröten Besichtigungen sind so gut wie eingestellt. Schade!
Unser nächstes Ziel in Gabon ist Lambarene - die Stadt mitten in den Tropen. Und dem Albert Schweitzer Spital inkl. Museum. Von Reisefreunden haben wir nun mehrmals diesen Tipp bekommen. Also los!
„Halt!!, Stopp!! Oli da sind Schlangen auf der Strasse! Zwei Riesenschlangen. Schwarz und Grün“, kreischt Corinne. Oli geht auf die Bremse und quietschend bremst sich das Haghuri nach 300 Meter zum Stillstand.  „Auf der gegenüberliegenden Strassenseite habe ich sie gesehen. Das wäre doch eine Chance für Dich, oder? Aber bitte sei vorsichtig! Ich glaube es sind Mambas!“. Es ist ein Schaudern zu spüren. Oli‘s Augen weiten sich und er stammelt: „Oje, Scheisse, da kommt ein Lastwagen...“ 
Völlig verzweifelt schaut er, den Kopf aus dem Wagenfenster verdrehend, dem Lastwagen nach. „Brrrrummm, Pflatsch....“ Das war‘s wohl mit der einmaligen Chance...
Als wir zurückfahren, wird sofort ersichtlich, dass dies das Ende zweier grossen Mambas war. Sie haben den Freitod vor dem Kampf mit Indiana Oli vorgezogen. Feiglinge;-))

Die feigen Mamba's
...mausetot...

Während der Fahrt diskutieren Corinne und ich über die Situation betreffend illegal gejagtem Buschfleisch. In allen Travelguides wird dieses Thema beschrieben und vom Kauf abgeraten. Gerade in Gabon ist das ein hochaktuelles Thema. Ein paar Minuten später sehen wir das erste Mal wie schlimm es wirklich um den Verkauf von Buschmeat steht. Bisher sahen wir oft zum Verkauf angebotene Grascutter (eine Art Buschratte), die es in Mengen gibt. Wir dachten, dass dies ja kein wirklich grosses Problem sei. 
Nun, der Anblick von einem toten, an einen Pfosten genagelten Affen, einem toten Serval und gegrillten Affen, geben dann wirklich zu denken. Vor allem fragen wir uns, wer denn diese Tiere überhaupt kauft, wenn sie auch noch den ganzen Tag in der Sonne rumliegen. Schreckliche Bilder!

Haben das erste Mal einen Serval gesehen...leider tot und zum Verkauf
Toter Affe zu verkaufen  -  Leider eine nachgefragte Spezialität in der Stadt

„Halt!!, Stopp!! Oli da ist eine Schlange an der Strasse...“ „Nicht schon wieder...Corinne du nimmst mich hoch. Ich glaub dir kein Wort!“  Hhhmmm und wenn doch? Also los, zurückfahren. 
PPhooaa...ähh BOA!! Unglaublich, da hängt doch tatsächlich eine vier, wohl sogar eher fünf Meter lange Riesenschlange über einer Holzkonstruktion. Der Bauchdurchmesser gleicht einem prall gefüllten Feuerwehrschlauch. Und sie ist tot. Buschmeat. 
Ganz fasziniert von dieser Würgeschlange fragt Oli die Frau des Jägers wie sie denn das geschafft hätten. Voller Enthusiasmus erzählt sie ihm die Fangstrategie ihres Mannes. Drahtschlinge, Maus als Köder, zu ziehen und dann kämpfen!!  Indiana Oli erzählt dann etwas von „..muss ich mir merken..“, „...ähhmm und wie fange ich die Maus?...“ etc. 
Natürlich will sie ihm die Schlange verkaufen und meint, dass sie schon irgendwie im Auto Platz finden würde. Nun, im Kühlschrank ist einfach zu wenig Platz für 30 Kilo Schlangenfilet, die Vorratsschublade ist zu voll, bleibt lediglich der Fussraum beim Beifahrersitz...zu Corinne‘s Füssen. Viel mehr fragen wir uns jedoch, wer denn soviel Schlange futtern soll. Daraus könnte man ein Barbeque für eine ganze Armee machen und aus der Haut dazu wohl noch neue Stiefel. Vor allem: Buschmeat wollen wir nicht kaufen. Nach langen, gespielten Sekunden des Nachdenkens übermannt dann der Stolz den Möchtegern-Jäger: „Ach wissen Sie, als Schlangenjäger essen wir eben nur selbstgefangene Schlangen. Ich kann ihr Angebot leider nicht annehmen.“ Die Frau wollte Oli dann mindestens den abgetrennten Kopf schenken...doch dieser lehnt lächelnd ab. 
Des Jägers Stolz;-)


30 Kilo Boafilet
....OLi verzichtet gerne darauf...nicht selber gefangen...des Jägers Stolz
Besuch bei Albert Schweitzer in Lambarene
Nach diesen eindrücklichen Erlebnissen erreichen wir gegen Abend endlich Lambarene. Mitten im Busch ist dieser Ort ist vor allem durch das Albert Schweitzer Spital bekannt. Sein Wirken und sein Universalgenie ist so bekannt geworden, dass immer wieder Touristen aus aller Welt sich hierher in den Busch verirren, um hautnah diese Geschichte zu erfahren. Wir quartieren uns bei der katholischen Mission ein und sind erfreut über das einfache und saubere Zimmer mit fliessendem Wasser. Auch die Gemeinschaftsküche dürfen wir nutzen. So zaubern wir wieder einmal leckere Spaghetti al olio und verzaubern sie mit dem immer noch vorhandenen M-Budget Reibkäse;-)  
Tags darauf, verspüren wir Bewegungsdrang und laufen 90 Minuten in der tropischen Hitze zum Museum. Durchgeschwitzt und halb verdurstet, stärken wir uns mit dem Nationalgetränk Fanta für den Besuch. Das Museum besteht aus drei Räumen und ist liebevoll gestaltet. Es beinhaltet einen Informationsraum mit seinem detaillierten Lebenslauf, vielen Fotos und echten Dokumenten von Schriftwechseln u.a. mit Albert Einstein, verschiedenen Kardinälen und Staatspräsidenten. In zwei anderen Räumen kann man hautnah erleben, wie Albert Schweitzer und seine Frau gelebt und gearbeitet haben. Alles wurde in Original belassen und kann bestaunt werden. Sogar Alberts Schuhe, der legendäre Tropenhelm und die Rundbrille ist zu bestaunen;-)
Auch wenn es danach klingt, dass Albert Schweitzer eben Schweizer war, ist das nicht der Fall;-) (...wahrscheinlich hätten wir Schweizer einfach auch nur gerne einen dieser richtig berühmten Menschen...nicht nur Willhem Tell...ok, wir haben Hayek;-) 
Albert Schweitzer war Elsässer - also Franzose und auch kein Deutscher...wie wir glaubten.  Eigentlich nicht so wichtig. Viel wichtige zu wissen ist, dass er ein absolutes Universalgenie war. Als Musiker (Orgel), Komponist, Philosoph und Schriftsteller oder als Arzt - er gehörte zu der Elite der Gelehrten. Als Verdienst für sein grosses Engagement als Arzt und Gründer des Tropenspitals in Lambarene, wo er den Menschen gratis Behandlung zukommen liess, wurde er mit dem Nobelpreis geehrt. Mehr über diesen faszinierenden Menschen sowie seine absolut spannende und wissenswerte Geschichte unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Schweitzer
Die berühmte Kirche von Lambarene

Typisch sein Tropenhelm
Auf diesem Klavier komponierte Albert Schweitzer seine Lieder
Das Privatzimmer von Frau Schweitzer
Der Arbeitsraum des Universalgenies
Hier liegt einer berühmtesten Gelehrten begraben

Entscheid: Franceville - Kongo 
Am Abend mussten Entscheidungen gefällt werden. 
Es gibt zwei Routen in den Kongo, bzw. nach Brazzaville. Südwärts, mit dem Besuch der berühmten Strände von Gabon über Dolisie oder in der Mitte von Gabon durch den Savanneteil des Kongo.
Von der Strecke über Dolisie wird fast überall abgeraten. Die Strassenverhältnisse sind schrecklich und die Strassenbauarbeiten der Chinesen noch nicht soweit, dass es sich lohnt diese Strecke zu fahren. 
Die andere Route über Franceville, insbesondere der Streckenteil von der Grenze Gabun bis nach Okoyo im Kongo, ist bei Regen nur sehr schwierig zu passieren. 
Nach langem Abwägen von „Strände sehen“ und „Offroad Abenteuer erleben“ entscheiden wir uns für die zweite Möglichkeit. So fahren wir weitere 800 Km ostwärts nach Franceville. Die tolle Urwaldpiste und die unglaublich schöne hügelige Landschaft entschädigt uns dafür. 

Brücke an der Grenze zum Lope Nationalpark
Die Strasse führt quer durch den Busch nach Franceville

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