Kalahari - wo der Gill-Tourismus an seine Grenzen kommt / BOT05

11. - 14. September 2011
Hyänen lieben die Himba - Pfanne  
Alles ist bereit zum nächsten grossen Abenteuer. 
Stell dir vor, du würdest durch die Schweiz fahren und nirgendwo wäre auch nur ein Dorf oder ein Haus zu sehen. Keine Menschen. Natur pur!
Die Zentral-Kalahari hat eine Grösse von 52‘000 Quadratkilometer und ist der zweitgrösste Nationalpark der Erde. Nur ein paar wenige San-People (Buschleute) leben noch in diesem Gebiet. Ansonsten ist alles der Natur überlassen. 
Unser Plan ist es, das Gebiet vom Süden über den angrenzenden Kuthse NP nach Westen und von dort nach Nordosten zu durchqueren. An die tausend Kilometer durch einsame Buschlandschaft. Zwei Fahrzeuge, genügend Diesel-, Wasser- und Nahrungsvorräte sind überlebenswichtig. Auch muss das Fahrzeug unbedingt in guter Verfassung sein. In diesem Gebiet gibt es natürlich kein Telefonempfang oder Garagen, die einen abschleppen. Sollte unterwegs was passieren, kann es sein, dass es Wochen dauert bis dich jemand findet. Kurz: Man ist auf sich selber gestellt. 
Zur Vorbereitung haben Susi und Roberto den Buschmechanikkurs bei ATW besucht. Auch ist Roberto schon mehrere Male mit dem Fahrzeug in Afrika unterwegs gewesen. Zusammen mit unseren bisherigen Erfahrungen sind wir überzeugt, gut gerüstet zu sein. 
Angekommen am Kuthse Gate wird kontrolliert wieviel Diesel, Wasser und Vorräte man mit sich führt. Die Frage nach dem Satellitentelefon ist Standard. 
„Oh, sie haben keines. Hmmm, das ist aber gar nicht gut...“, so die besorgte Aussage der Rangerin. „Ist schon ok, wir haben eines mit“, rettet uns Roberto. 
„Dann ist ja gut. Geniessen sie ihre Reise und bitte seien sie vorsichtig“.
Im Gate-Office werden die Camp Buchungen überprüft, die unsere Freunde vorgängig in der Schweiz gemacht haben. Auf die Frage, ob denn auch ganz sicher Löwen zu sehen sind, lächelt die Mitarbeiterin: „Na klar, es hat viele Löwen und auch Leoparden. Sie werden bestimmt einige davon sehen. Am Besten ist es, sie gehen ins Camp 1 oder 3. Wir buchen das gleich um.“ 
Willkommen in der Kalahari


Es ist faszinierend, durch diese wunderbare Gegend zu cruisen. Immer wieder sehen wir Springböcke, Strausse und viele andere verschiedene Vögel. Susi ist das erste Mal auf dem schwarzen Kontinent unterwegs. So halten wir anfangs bei jeden Tier und bestaunen es. Für uns sind die Springböcke mittlerweile so normal, dass wir froh sind, dass auch sie nach einer Weile nicht mehr bei jedem dieser Tiere anhalten wollen. 
Im Camp 1 hören wir in der Nacht tatsächlich Löwengebrüll, jedoch sehen wir die Tiere am Tag weder auf der Game Drive, noch am Wasserloch. Stundenlang verharrten wir still am Wasserloch und haben ausser ein paar Vögel gar nichts gesehen...auch das gehört dazu. 


Wow. Springböcke;-)
Wir freuen uns schon auf die vielen Tiere!
Sieh doch. Ein Vogel ist am Wasserloch...

Eine lustige Geschichte passiert dann in der zweiten Nacht:
„Heee, pssst!!! Lass gefälligst die Himba Pfanne da. Heee, halt!!“
Es ist drei Uhr in der Nacht und Oli ruft verzweifelt aus dem Zelt raus. Schlagartig sind alle wach. Vom anderen Dachzelt her kommt die Frage: „Was ist denn los? - Löwen oder so?“
„Eine braune Hyäne hat unsere Pfanne geklaut. Das Tier steht da vorne - vor dem Auto“, so seine Erklärung. Er fügt noch an: „Komischerweise habe ich gerade von Hyänen geträumt und plötzlich ein Scheppern gehört. Ich wache auf und da ist die braune Hyäne plötzlich unter mir. Sie schnappt sich die Pfanne und will abhauen“.
Währenddessen steht der Dieb bockstill vor dem Haghuri und beobachtet uns neugierig. Wahrscheinlich wundert sie sich, was jetzt denn los ist und warum wir ein solches Theater wegen einer Pfanne veranstalten. Nach ein paar Minuten läuft sie vor dem Auto hin und her, unsicher was sie jetzt machen soll. Plötzlich lässt sie die Pfanne liegen und schlendert gemächlich davon. 
So bleibt diese Begegnung mit dem (Pfannen-)Raubtier unser grösster Sichtungserfolg im Kuthse. Für uns geht es heute in die Zentral-Kalahari - die schönsten Löwen der Welt sind dort zu Hause. Haben wir da mehr Glück?
Objekt der Begierde: Unsere Himba Pfanne
So weit das Auge reicht...

Ich glaube wir müssen Gill anrufen...
Kaum die Grenze zur Zentral-Kalahari passiert, verändert sich die Pistenbeschaffenheit. Wir fahren im Sand, teilweise im Tiefsand. Luft aus den Pneus rauslassen ist das bewährteste Rezept. Wie auf wilder See schaukeln wir Richtung Babe Camp. Vor lauter Geruckel können wir uns nur schlecht auf die paar Antilopen links und rechts der Piste konzentrieren. Wir sehen ein paar Oryx, Steinböckchen und wieder einmal Springböcke. Da lohnt es sich mehr auf die Steuerung des Fahrzeugs zu konzentrieren, als sich ablenken zu lassen. 

Hin und wieder lassen wir uns gerne vom Fahren ablenken...


Von Kea haben Susi und Roberto einen zum Overlander umgebauten Nissan Navarra gemietet. Speziell auch für die Kalahari geeignet, haben ihnen die Vermieter versichert. Doch die Tiefsand Passagen sind eine echte Herausforderung für den Nissan. Der 3.0 Liter Turbomotor kämpft ums Überleben. Die Bodenfreiheit ist sehr knapp und so schleifft sich das Differenzial blank. Immer wieder stockt das Auto im Sand. Meter um Meter kämpft sich „Nissi“ vorwärts. Derweil das Haghuri problemlos hinterher cruist. 
Von unseren Freunden ist wahre Geduld und Fahrkönnen gefragt. Nur einmal kommen sie an den Anschlag. Bei einer Verschnaufpause kommt ihnen doch tatsächlich ein „ans Aufgeben denken“ über die Lippen. Oha.
Nun ist das ganze Coachinggeschick von Oli gefragt. Besonders das positive Denken,  das gut Zureden zum Fahrzeug (du bist ein ja ein tolles Ding, du kannst noch mehr, bravo gut gemacht) und das aus dem Kurs gelernte Fahrknowhow lassen unsere Freunde diese erste ernsthafte Herausforderung bestehen. 
Die letzten Kilometer ins Bape Camp sind dann problemlos. Unterwegs treffen auf ein paar San People (Buschleute), die mit uns plaudern wollen und uns gerne Wasser von ihrem Brunnen offerieren. Mit aufgefüllten Kanistern, einer herzlichen Eingeborenen-Begegnung reicher und einer weiteren neuen Kette für Corinne (wahrscheinlich die 130igste in Afrika;-)  fahren wir geschafft, aber glücklich zu unserem Übernachtungsort.
He, das Wasser ist super...sogar unsere Esel trinken davon ;-)

Kaum sind die Autos abgestellt, passiert etwas, was sich niemand in dieser einsamen Wildnis wünscht. Oli will den Wagen doch noch einmal umparkieren. Er steht nicht ganz gerade... Er dreht das Zündschloss. Nichts...
Nach mehreren Versuchen immer noch nichts. Vielleicht nur die Batterie. Jedoch funktioniert das Licht und die Warnlichter...uns schwant Übles...eventuell der Starter?
Das wäre ja echt der Hammer.
So haben die nächsten Stunden ein Thema. Die Kursunterlagen von ATW werden studiert, das Toyota Werkstattheft gewälzt und Improvisierungsideen entwickelt. Nach mehrmaliger analytischer Fehlersuche, sind wir der Überzeugung, dass eigentlich nur etwas an der Batterie sein kann. Denn beim mehrmaligen Überbrücken schaffen wir es, dass der Starter anschlägt. Etwas später können wir sogar den Motor starten. Puhh!!
Was könnte es sein...?
Also es ist die Batterie. Bestimmt;-)


Am nächsten Morgen überbrücken wir den Wagen zum starten. 
Jetzt heisst es „NIE den Wagen abstellen!“ 
Die Strecke von Ost nach West zum Xade Camp hat es in sich. Viele, viele Kilometer sind Tiefsand. Tiefe Fahrrinnen mit hohe Sand-Seitenränder prägen die Piste. Und wieder kämpft Nissi. Plötzlich sackt er ab und steckt voll im Sand. So, jetzt können Susi und Roberto ihre ganze Kurserfahrung einbringen. 
Schaufeln;-) 
Die Räder und der Weg nach hinten sind freigeschaufelt. Rückwärtsgang rein, gefühlvoller Umgang mit dem Gas und zwei starke Männer die das Auto zusätzlich stossen. Leider bewegen wir den Nissan keinen Zentimeter!
"Strengt Euch an!"
und einfach nicht den Humor verlieren...

Das Haguri läuft noch immer Leergang und wartet auf die Rauszieh-Aktion. Schnell haben wir die Gurte dran und ziehen Nissi problemlos aus dem Gröbsten raus. Geschafft!
Oli stellt den Wagen ab, springt aus dem Haghuri und will die Gurte abhängen, da gefriert Corinne ihr Lächeln ein...“NIE den Motor abstellen“...
Komischer könnte die Situation nicht sein: 
Zwei Fahrzeuge stehen im Tiefsand hintereinander. Der vordere Wagen mit der Möglichkeit zum Überbrücken, kann höchstens fünf Meter im Sand zurückfahren, jedoch niemals wenden. Das Fahrzeug das mühelos durch den Sand kommen würde, jedoch ohne Überbrücken nicht gestartet werden kann, steht zehn Meter verloren dahinter. Und das Überbrückungskabel ist gerade mal 3 Meter lang...
Dann der glorreiche Auftritt von Susi:  „Ich glaube wir sollten Gill anrufen!“
Gill ? - wer ist das denn??
Gill ist so etwas wie der Messias der „Rent a Car“ Touristen. Er ist die Person im Kea Call Center, die sich liebevoll um seine Schäfchen kümmert. Mit dem Satellitentelefon (worauf er vor der Auto-Vermietung wert legt) hat man immer einen direkten Draht in den Kea-Himmel. Er schätzt es, wenn er weiss, wo sich seine Kunden gerade befinden und 
ob sie sich wohlfühlen. Dazu sollte man ihn unterwegs hin und wieder mal anrufen und mitteilen, ob der Eisschrank noch richtig kühlt, das Bier nicht zu warm oder das Gas noch ausreichend ist. Als Schutzengel bietet er den „Rent a Car“ Touristen ein rundum Sorglos-Paket und rettet sie in Notfällen aus den entlegensten Winkel Afrikas.
  
Kurz: Er ist DIE letzte Hoffnung der Wattebausch-Abenteurer;-)
„Nein, nein, nein, das machen wir nicht“, da finden wir selber raus, so unser Tenor. Tssss....wir sind doch keine Gill-Touristen;-) Unterdessen brennt die Sonne einmal mehr unbarmherzig nieder. Bestimmt vierzig Grad. Kein Lüftchen.  Als Team finden wir hier bestimmt wieder raus. 
Die zündende Idee: Wir bauen die Verbraucherbatterie im vorderen Auto aus und im Hinteren ein. Hoffentlich bringt sie genügend Ampèrespitze um den sechs Zylinder Motor vom Haghuri zu starten... 
Und siehe da - es funktioniert. Dazu brauchen wir nicht einmal den Gill;-)
Nach diesem erlebnisreichen Fahrtag klopfen wir uns im Camp bei einem kühlen Bier (Gill sei Dank) erst mal gegenseitig auf die Schultern. Gute gemacht! 
Beim anschliessenden Fajitas-Abend feiern wir unser Teamwork und Susi‘s Feuertaufe mit einer guten Flasche Shiraz. 
Also das Bier haben wir uns verdient. Prost!


Kleine Notiz am Rande: 
Ausgesprochen wird Xade in der einheimischen Sprache mit einem Zungenschlag, der sich wie ein Klick anhört: „tss-adi“ 
Wir lassen uns sagen, dass es sich bei Reisenden die in „Xade“ oder „Xaid“ waren, um sogenannte Gill-Touristen handelt würde;-)

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