05. Oktober 2011
Die wahren Verbrecher sind nicht von dieser Welt
Als wir uns vor der Reise mit dem schwarzen Kontinent beschäftigten, wussten wir oftmals nicht, was uns denn wirklich erwarten würde. Man stösst auf mehr Negativ- als Positivmeldungen.
Hunger, Gewalt und Kriminalität sind die grossen Schlagzeilenthemen, wenn in den Medien über Afrika berichtet wird. Gewiss, diese Themen sind aktuell und berühren. Auf keinen Fall darf man dabei ausser Acht lassen, dass diese Situationen von Übersee, wie sie hier den Rest der Welt bezeichnen, verursacht werden. Gnadenlos treiben Nahrungsmittel-Spekulanten an den Börsen ihre Geschäfte und spekulieren auf Lebensmittelrohstoffe, was zu deutlichen Preiserhöhungen führt. Bemerkbar ist dies bis in die kleinsten Läden Afrikas. Zucker, Mehl und anderes Getreide kostet auf einmal das Doppelte oder mehr. Ein einfaches Brot können sich Menschen oft nur noch zwei bis dreimal in der Woche leisten. Hunger wird durch gierige Händler provoziert. Öl, Diamanten und Gold sind der Treiber für eine gewaltige Korruption in vielen Ländern Afrikas. Das dadurch entstehende Gefälle zwischen Reich und Arm wird immer extremer und schafft soziale Spannungen. Die Kriminalität in Städten, insbesondere in Südafrika, Kenia und Dem. Republik Kongo ist hoch. So gesehen könnte man meinen, es ist lebensgefährlich in Afrika zu sein.
Über die schönen Seiten Afrika‘s wird zwar hin und wieder berichtet. Auch werden immer wiedermal Dokumentationen im Fernsehen gezeigt. Meistens sieht man das fröhliche Afrika nur dann, wenn Multikonzerne wie Coca Cola oder Samsung während der vergangenen WM in Südafrika mit Safaribildern werben.
Seit fast vierzehn Monaten leben wir nun in dieser, völlig anderen Welt. Sie ist wunderbar und zauberhaft. Mit Überzeugung können wir sagen, dass das Gute in Afrika überwiegt. Die Schönheit der verschiedenen Länder und die Freundlichkeit der verschiedenen Menschen - man kann das nicht beschreiben, nur erfahren. Noch nie haben wir in dieser Zeit irgendetwas nachhaltig Schlechtes erlebt. Noch nie wurden wir in Afrika bedroht oder ausgeraubt. Überhaupt hatten wir bis heute keine Angst um Leben oder Vermögen.
Und jetzt das!
Seit ein paar Wochen werden wir bedroht. Aber nicht von Afrika. Sondern von Übersee.
Rückblende
11. August 2011, Nawmba Camp - Susuva Nationalpark
„Noch zwei, drei Minuten und dann kannst du das Grillieren übernehmen.“
Corinne ist bei ihrer Lieblingsbeschäftigung. Feuer machen und eine perfekte Glut für die bereits mit Peri Peri gewürzten Kudu Steaks zaubern. Die richtige Glut ist das Entscheidende. Rund um unser Camp machen die Hyppos den Urwaldsound. Buschfeeling pur.
Plötzlich klingelt das Telefon und stört diese Idylle.
„Indiana Oli am Apparat“.
„Hallo Sohnemann. Hier ist Papa. Wie gehts im Busch? Heute schon eine Schlange gefangen?“
„Ha ha, witzig...bin noch auf der Suche nach dem ultimativen Exemplar...weisst du, ich kann mich einfach noch nicht entscheiden...Puffotter oder Black Mamba... “
„Stehst du oder sitzt du? Besser du setzt dich. Ich muss dir was sagen. Unschöne Geschichte...“
„Wie bitte? Was ist los? Hast du meine Vollmacht genutzt und unser Reisegeld verprasst? ;-))“
„Ha, ha, kann mich nicht entscheiden, ob ich damit ein Porsche oder eine Ferrari kaufen soll...Nein natürlich nicht. Du weisst, dass ich so etwas nie tun würde. Das haben andere gemacht. Die Leute, die euer Geld betreuen sind spurlos verschwunden. Wir wissen nicht mehr, ausser das es eine ganz komische Situation ist. Es sieht so aus, als könnte euer Geld weg sein - erste Informationen lauten Diebstahl“
„Oh, jetzt muss ich mich aber wirklich setzen... Also du meinst, das Geld, das wir bei der DB in einen Fonds einbezahlt haben und das von professionellen Managern betreut wird, ist weg?“
„Könnte sein. Es ist ein Strafverfahren eingeleitet worden. Alle Konten von Betroffenen sind eingefroren bis das mögliche Delikt aufgeklärt ist. Auskunft erhalten wir keine, da das Bankgeheimnis dies nicht zulässt. Und so ein Prozess bei so viel Fondsvermögen kann dauern...Bis da die Fragen zu Schuld- oder Aufsichtspflicht geklärt sind...Kurz: Bis das Verfahren abgeschlossen ist, werden keine Geldtranchen mehr an euch ausbezahlt.“
„..., ..., ..., das Geld kann sich doch nicht einfach in Luft auflösen.“
„Uns allen tut das furchtbar leid. Wir haben jetzt schon vier Wochen abgewartet und gehofft, dass sich das Ganze aufklären würde. Bis heute ist nichts Konkreteres bekannt geworden. So mussten wir euch informieren. Ihr habt ja noch etwas auf dem Verbrauchskonto. Reist mal weiter. Wir informieren euch sobald wir mehr wissen..:“
„...,...,...ok. Wir versuchen mal nicht daran zu denken. Weisst du, eigentlich ist es unglaublich! Da sagen immer alle in Afrika sei viel schlecht und viele Verbrecher zu Hause. Aber in Wirklichkeit sind die wahren Verbrecher in der Schweiz. In Anzug und Krawatte. Natürlich bestreitet jetzt jede/r seine Verantwortung und am Schluss sind wir die Dummen, weil wir denen vertraut haben. Es kann immer was passieren. Aber nicht Diebstahl. Das ist kein Geschäftsrisiko, sondern ein Verbrechen.
„Genauso könnte es sein...“
„Also ich muss jetzt erst mal darüber nachdenken. Danke für das Gespräch und bis bald. Gruss an die Mama.Tschüss“
Seit diesem Telefongespräch ist unser Lebenstraum stark bedroht. Sollte diese Situation länger als 3 Monate andauern, haben wir ein echtes Problem.
Ach ja: Aus den Kudusteaks sind in der Zwischenzeit Kohlesteaks geworden.
Auch das noch...
Gegenwart
05. Oktober 2011, In den Dünen der Kalahari
In der Zwischenzeit haben wir oftmals Kontakt nach Hause gehabt und nachgefragt. Dieses Thema hat uns immer wieder zu schaffen gemacht. Immer wieder haben wir diese für uns existenzielle Situation am Lagerfeuer diskutiert. Doch bei jedem Sonnenaufgang und Aufwachen in diesem wunderbaren Afrika haben wir dieses Thema einigermassen in Hintergrund schieben können. In der Hoffnung, das es sich aufklärt und uns eine Entscheidung erspart bleibt.
Bis heute wissen wir nicht mehr. In der Zwischenzeit sind wir einem Geschädigtenpool beigetreten und haben gemeinsam eine Anwaltskanzlei mit dem Fall beauftragt. Leider mahlen die Mühlen der Justiz langsam. Bis heute wissen wir nicht wie viel Geld vorhanden ist, resp. was denn genau vorgefallen ist. Die DB hüllt sich in Schweigen und legt die Konten noch nicht offen.
Ein wunderschöner Sonnenuntergang lässt uns bei einem Glas Wein nochmals Erfahrungen und Geschichten aus den letzten vierzehn Monaten reflektieren. Ja wir hatten bisher eine unglaubliche Reise erlebt.
Die andere Welt hat uns jedoch wieder eingeholt. Vor allem die Unsicherheit für unsere Reisezukunft beschäftigt uns mit jedem Tag stärker.
Wir müssen einen Entscheid fällen.
Reise abbrechen?
Geht für uns die Afrika Sonne für immer unter? |
Was nun?
Diesen Lebenstraum einfach so aufzugeben, das wollen wir nicht.
Aber ohne finanziellen Mittel ist es auch nicht möglich, so zu reisen....
Entscheid: WIr unterbrechen unsere Reise.
Per Anfang November werden wir in die Schweiz zurückkehren und in den nächsten Jahren wieder arbeiten. Wir setzen uns das Ziel, in ein paar Jahren den zweiten Teil unserer Reise anzutreten.
Vielleicht gibt es ja auch die Möglichkeit, jedes Jahr ein paar Wochen nach Afrika zu kommen, falls es ein Job zulässt. Heute wissen wir das noch nicht.
Das Leben geht weiter...
Der erste Morgen nach dem Entscheid ist ein Morgen wie man ihn nur in der Kalahari erleben kann. Die Sonne kriecht über die roten Sandhügel und lässt die Gräser in den Dünentälern aufleuchten.
Uff..Glück gehabt...die Erde dreht sich noch immer und das Leben geht weiter!
Nun heisst es neue Pläne schmieden. Wir haben noch fünf Wochen in Afrika. Hier beginnt der Sommer. Geniessen wir diese Zeit, bevor es dann in den Winter nach Europa geht.
So werden wir an die Westküste von Südafrika fahren, dort auf Schlangenjagd gehen, dann nach Kapstadt reisen, am Kap der guten Hoffnungen (was könnte besser passen) unsere Wünsche platzieren und zum Schluss noch etwas Zeit rund um Kapstadt verbringen. Wale schauen, mit dem weissen Hai tauchen, Weine degustieren, etc.
Bestimmt werden wir ein weiteres tolles Programm mit vielen Highlights erleben.
Und Euch nehmen wir mit unserem Blog weiterhin gerne mit;-)